LEBENSBILDER 16
notiert März 2025
ALLTAG IN DEN SECHZIGERJAHREN
Sie haben immer zuerst zur Familie geschaut, dann auf Ordnung und Sauberkeit geachtet. Der Tagesablauf einer jungen Hausfrau und Mutter in den Sechzigerjahren war anders als er heute ist. Das erfährt und staunt, wer mittwochs am Erzählcafé teilnimmt.
«Wir waren super pingelig, Hausfrausein war unser Beruf und unser Stolz!»
«ich wollte nicht, dass andere Leute dächten, ich hätte keine Ordnung.»
«Gab es ein bisschen Extrageld, so kam immer zuerst der Mann, dann die Kinder, dann ich.»
«Geld haben wir wenig gehabt, dafür haben wir zusammengehalten.»
«Wenn ich Ende Monat etwas ins Sparcouvert legen konnte, lobte mich mein Mann dafür.»
TAGESABLAUF
«Muttersein war ein Vollzeitjob. Tag und Nacht. Weil der Mann früh zur Arbeit musste, stand ich nachts auf, wenn es nötig war.»
«Wir waren für die Kinder, den Mann, die Gesundheit und das Wohlergehen aller, für die Wohnung, den Garten, fürs Essen, für die Wäsche, einfach für alles verantwortlich.»
«Der Tagesablauf war werktags immer der gleiche. Das Frühstück für den Mann richten, dann jenes für die Kinder, die Kinder wecken, mit ihnen ‘Zmorgen’ essen oder dem Kleinsten den Schoppen geben, die Betten lüften, dann die Kinder anziehen und mit ihnen auf Kommissionentour, nachher Betten machen, schauen, dass die Kinder spielen konnten, haushalten, was gerade anfiel und schon bald das Mittagessen kochen. Punkt 12 Uhr musste es auf dem Tisch stehen. Der Mann hatte nur eine Stunde Pause.»
«Von Frühling bis Herbst gab der Garten immer viel zu tun. Manchmal arbeitete ich schon morgens darin, sonst sicher am Nachmittag. Die Kinder konnten gut daneben spielen. Wir waren praktisch Selbstversorger. »
«Mit den Kindern ging man kaum auf den Spielplatz, es gab auch nicht viele davon. Die Kinder waren im und ums Haus und spielten dort.»
«Waren die Kinder im Schulalter, half ich ihnen bei den Schulaufgaben. Es war wichtig, das Diktat gründlich zu lernen, das Lesen zu üben, beim Rechnen zu helfen. Das brauchte Zeit.»
«Wenn die Kinder im Bett waren, bügelte ich oder flickte, nähte oder strickte.»
HAUSHALT
«In den Sechzigerjahren gabs bei uns einen Kochhafen zum Wäschewaschen, den man einfeuern musste. Bettwäsche wusch ich am Samstag, damit mir mein Mann nachher beim Auswringen helfen konnte. Das ging nur zu zweit. Später hatten wir eine Doppelwaschmaschine. Ein Teil zum Waschen, der andere zum Auswringen. Spülen musste ich die Wäsche aber in der Badewanne. Das Auswringwasser wurde durch einen Schlauch zurück in die Waschmaschine geleitet und nicht verschwendet.»
«Damit das Waschen leichter ging, drückte ich am Vorabend des Waschtags alle Wäsche in der Badewanne ein.»
«Stark verschmutzte Kleider, Socken zum Beispiel, wusch ich mit Kernseife.»
«Wäsche legte ich manchmal mit Soda ein vor dem Waschen. Es machte das Wasser weicher.»
«Für die Waschmaschine gab es Omo, Persil, Waschmittel von Steinfels oder auch Ultra Bienna von Seifen Schnyder in Biel. Die Pulver waren in grossen Kartons verpackt.»
«Weichspüler war noch nicht erfunden. Hin und wieder gab ich Essig ins Spülwasser für einen Pullover. Man sagte, dass der Essig die Farben leuchtend mache.»
«Vom Seifen Schnyder kam auch Sibonet, die Seife, welche die Haut nicht austrocknet.»
Geputzt wurde viel, Putzmittel gab es wenige. Werkzeuge waren Handbürsten, Fegbürsten oder ‘Strupper’ und Lumpen.
«Ich brauchte Vim, ein weisses Scheuerpulver, wenn etwas wirklich schmutzig war.»
«Für die Böden löste ich Schmierseife im Wasser auf.»
«Fenster putzten wir mit Sprit und Wasser, Lumpen und Zeitungen.»
«Zum Abwaschen nahm ich Solo, ein Pulver vom Konsum.»
«Die Messing-Türfallen polierte ich mit Sigolin.»
«Alte Unterleibchen oder Hemden, die wirklich nicht mehr zum Anziehen taugten, gaben wunderbare Putzlumpen ab.»
« Eine grosse Hilfe war der Staubsauger. War der Stoffbeutel im Innern voll, nahm ich ihn heraus, öffnete den Deckel des Ochsnerkübels, senkte den vollen Beutel möglichst tief hinein und leerte ihn vorsichtig aus. So vermied ich, dass eine riesige Staubwolke aus dem Kübel stieg. Den Sack klopfte ich nachher auf dem Balkon vorsichtig aus, ganz unten am Geländer.»
«In den Ochsnerkübel legte man Zeitungen, damit nichts an den Wänden kleben blieb. Die Männer der Abfuhr kippten die Kübel über ihrem Wagen aus.»
«Ich nahm den Beutel in den Garten und putzte ihn dort mit einer Bürste aus.»
«Später gab es kleine Staubsauger von Leifheit ohne Strom, die unten Rollen hatten, die den Schmutz ‘hineinrollten’. Die waren praktisch für zwischendurch.»
«Teppiche wurden draussen geklopft, das war gründlicher als sie zu saugen. Besonders schön war es, wenn man sie im Winter in den Schnee legen konnte.»
«Neben dem Staubsauger und der Waschmaschine besass ich eine Nähmaschine. Sonst gab es keine elektrischen Geräte.»
«Ich hatte eine Bernina mit Jahrgang 1953. Sie hatte bereits einen Zickzackstich. Eine wunderbare, schwere Maschine.»
ARBEIT OHNE LOHN
«Es war absolut selbstverständlich, dass wir Frauen den Haushalt führten, zu den Kindern und zum Haus oder der Wohnung schauten.»
«Das war einfach normal. Ich machte das gern.»
GELD VERDIENEN
«Wer ausser Haus arbeitete, wollte damit zusätzliches Geld für den Alltag verdienen. Es ging nicht um die Karriere der Frau oder darum, den Anschluss an die Arbeitswelt nicht zu verpassen.»
«Meine Kinder konnten jederzeit nach Hause kommen. Ich war immer da. Eine Zeitlang arbeitete ich abends am Buffet in einem Restaurant und später während ihrer Schulzeit in einem Betrieb.»
«Ich hütete zwei oder manchmal drei Gastarbeiterkinder, weil ihre Eltern beide arbeiteten. So verdiente ich ein wenig Geld.»
«Ich arbeitete in der Porzellanfabrik Langenthal und die Grossmutter passte auf die Kinder auf.»
«Ich machte Heimarbeit, hatte ein Etabli zuhause und arbeitete an den Uhren. Das hat ein bisschen Geld eingebracht. Das machte ich, bis das erste Kind kam.Später waren wir Hauswart in einem Block mit 20 Familien auf 6 Stockwerken. Das hiess zweimal in der Woche das Treppenhaus wischen, einmal feucht aufnehmen, einmal im Jahr alles richtig herunterwaschen und täglich den Eingang saubermachen. Zudem im ganzen Haus ständig auf einer Leiter Birnen auswechseln. Im technischen Raum musste der Schalter immer auf «continu» stehen, damit Licht im Treppenhaus war. Um 21 Uhr machte ich noch eine Runde im Haus, kontrollierte ob alles geschlossen und in Ordnung war. Ich war für das ganze Haus zuständig. Es war viel Arbeit für wenig Lohn. Wäre irgendetwas passiert, wäre ich dafür zur Verantwortung gezogen worden.»
«In den grossen Uhrenfabriken wie der Omega oder der ETA gab es Krippen für die Kinder. Sonst gab es diese kaum und keine Kitas wie heute.»
DIE ARBEIT DER VÄTER
In den Sechzigerjahren boomte die Uhrenindustrie in unserer Region. Viele Männer und Frauen fanden dort Arbeit.
«Mein Mann war Décolleteur, er machte Schrauben und Gewinde. Diese Arbeit erforderte präzises Schneiden und Drehen. Zuerst war er in einer Fabrik, wo er grosse Teile, später in der ETA, wo er für Uhren ganz kleine Teile herstellte.»
«Mein Mann war Mechaniker in einer Uhrenfabrik.»
«Meiner war gelernter Kaufmann und später Reisender für die Uhrenfirma Edox. Er sprach fünf Sprachen. Deshalb bereiste er die ganze Welt.»
«Wir waren Bauern. Unter anderem bauten wir Tabak an. Das war damals üblich. Nach der Ernte musste man die grossen Blätter mit einer langen Nadel auf Schnüre aufziehen. Die hängten wir im Tenn zum Trocknen auf. Diese Tabakblätter haben einen ganz starken Geruch. Es wurde einem fast übel, wenn man sie auffädeln musste.»
«In Reinach im Aargau war die Villiger Zigarrenfabrik. Die vergaben Heimarbeit. Man musste bei den getrockneten Tabakblättern die grosse Mittelrippe herausziehen. Sie störte beim Rollen der Zigarren und Stumpen. Auch bei dieser Arbeit roch es ganz stark, sogar die Kleider nahmen den üblen Geruch an.»
«Viele Männer rauchten Stumpen oder Zigarren. Das war damals üblich. Sogar in Büros durfte geraucht werden. Im Aargau rauchten fast alle, weil die Stumpen dort gemacht wurden.»
«Ich habe einmal den TV-Apparat abgestaubt und den braun verfärbten Lappen nachher meinem Mann gezeigt. Ich fragte ihn, ob er wisse, woher der Dreck komme. Er hatte keine Ahnung. Er staunte nicht schlecht, als ihm klar wurde, dass seine Stumpenraucherei die Ursache war. Von da an fing er an, das Rauchen aufzugeben.»
MIT GELD UMGEHEN
«Wenn mein Mann seinen Lohn heimbrachte, dankte ich ihm dafür.»
«Wenn Zahltag war, brachte mein Mann das Geld in der Lohntüte nach Hause. Wir setzten uns an den Tisch und teilten es den verschiedenen Posten zu. Miete, Krankenkasse, Haushalt und so weiter. Die entsprechende Summe steckten wir in einen Umschlag.»
«Ich führte immer ein Haushaltsbuch. Jede Ausgabe schrieb ich dort hinein und addierte alles Ende Monat.»
«Das Führen des Haushaltsbuchs hatte ich von meiner Mutter gelernt.»
«Anfangs schrieb ich jeden einzelnen Posten hinein. Das füllte Seiten um Seiten.»
«Wir hielten die Noten mit einer Büroklammer und einem Zettel zusammen, worauf stand, wofür sie bestimmt waren.»
«Das Haushaltsgeld legte ich in die Küchenschublade.»
«Geld war immer knapp. Jede Anschaffung musste gut überlegt sein.»
«Gab es ein bisschen Extrageld, so kam immer zuerst der Mann, dann die Kinder, dann ich.»
«Ich sah als Hausfrau, was wirklich nötig war für den Alltag, für die Kinder und den Mann. Für mich kaufte ich nicht irgendetwas, was ich nicht wirklich brauchte.»
«Wir kauften nur, was nötig war.»
«Hatten wir etwas sparen können, steckten wir das Geld in ein Couvert und legten es unter die Wäsche.»
«Wenn ich Ende Monat etwas ins Sparcouvert legen konnte, lobte mich mein Mann dafür.»
«Im Konsum, also coop heute, in der Bäckerei und in der Molkerei gab es für einen bestimmten Betrag, den man ausgegeben hatte, ein Märkli. Das klebte man in ein Büchlein. Wenn es gefüllt war, erhielt man dafür im Laden ein bisschen Geld. Das war dann für ein Extra, zum Beispiel ein Weihnachtsgeschenk.»
SAUBERKEIT UND ORDNUNG
«Es war wichtig, dass alles sauber und ordentlich war. Man wollte nicht, dass andere Leute dächten, man hätte keine Ordnung.»
«Von unserem Bödeli zum nächsten mussten wir das Treppenhaus selber putzen. Die Familie zuunterst putzte auch den Eingang. Kamen wir von einer Wanderung mit schmutzigen Schuhen heim, zogen wir sie bei der Haustüre aus. Machten die Kinder Dreck im Treppenhaus, putzte ich das sofort weg.»
«Jeden Samstag wischte ich ums Haus, auch auf dem öffentlichen Trottoir.»
«Auch in den Gärten herrschte strikte Ordnung. Man liess nichts verwildern.»
«Mein Bub rieb einmal mit einem Stück Sagex den Mauern entlang und hinterliess einen weissen Strich aus diesen kleinen Kügelchen. Mit Beseli und Schaufel musste er nachher alles putzen.»
«Eine Frau identifizierte sich mit ihrer Wohnung. Alles musste so sein, wie sie es wollte.»
«Ich hätte mich nie nach draussen gesetzt, um die Zeitung zu lesen. Das tat ich höchstens in der Wohnung, wo mich niemand sah. Ich wollte nicht als faule Frau gelten.»
«Einen Liegestuhl gab es nicht im Garten. Ich arbeitete oder setzte mich an den Tisch.»
«Das habe ich von meiner Mutter übernommen, dass man ständig am Tun ist.»
FRÜHLINGSPUTZETE
«Die Frühlingsputzete begann eigentlich nach Neujahr. Da nahm ich mir Schränke und Schubladen vor. Ich nahm alles heraus, die Kleider hängte ich zum Lüften auf den Balkon, was nicht mehr brauchbar war kam weg. Das Innere der Schränke und Schubladen wurde abgestaubt und feucht ausgewischt. Dann kam alles wohlgeordnet wieder zurück. Es war eine Freude, einen solchen Schrank zu öffnen!»
«Ich legte immer neues Papier auf die Tablare und in die Schubladen.»
«Bei den Fenstern wartete ich, bis der Pollenflug vorbei war.»
«Ich machte keine Frühlingsputzete sondern putzte durchs Jahr gründlich, auch hinter und unter den Möbeln.»
«Sobald die Monate ohne r da waren und das Wetter trocken, schleppten mein Mann und ich die Matratzen auf den Balkon, liessen sie von der Sonne bescheinen und ich klopfte sie aus. Zum Glück hatten wir nicht mehr Ober- und Untermatratzen wie unsere Eltern. Aber schwer genug waren diese Rosshaarmatratzen immer noch. Lagen sie dann wieder im Bett, gaben sie noch ein wenig Sonnenwärme ab. Dazu frische Bettwäsche und ein frisches Nachthemd – was gibt es Schöneres?»
«Alle Wände wurden heruntergewaschen.»
«Grob verputzte Wände reinigte ich mit dem Staubsauger. Dort, wo ich gesaugt hatte, war die Wand heller.»
«Mühsam war das Putzen der Decken mit einem feuchten Lappen, der um den Besen gewickelt war. Der Arm, der den Besen hielt, schmerzte und ich konnte ihn zuerst fast nicht mehr bewegen.»
«Mit dem Staubsauger ging die Arbeit gut voran, aber das Parkett war nicht versiegelt und musste gewichst werden.»
«Die Parkettböden gaben viel zu tun! Zuerst wurde ‘gspönlet’. Dafür stellte ich mich mit den Füssen auf Stahlwatte und rieb den Boden ab. Anschliessend wischte ich das Abgeriebene zusammen. Nachher kniete ich mich auf das Bodendeckeli und verteilte mit einem Lappen die Wichse aus der Blechbüchse möglichst gleichmässig. Zum Schluss kam der Blocher dran. Dieses schwere Gerät, das ohne Strom funktionierte, schob ich hin und her über den Boden, bis er glänzte.»
«Meine kleinen Kinder hockten vorne auf den Blocher, eins links, eins rechts, und liessen sich herumfahren. Als Kind habe ich das gleiche gemacht. Ein richtiges Kindervergnügen! Aber der Blocher wurde dadurch noch schwerer und unhandlicher.»
«In meinem Haushaltlehrjahr hatte die Madame schon einen grossen elektrischen Blocher und flüssige Wichse. Das ging leichter. Zuhause war dann wieder Handbetrieb.»
«Im Turnverein putzen wir einmal im Jahr den Fischgratparkettboden der Turnhalle. Eine Reihe von Frauen arbeitete sich mit der Stahlwolle langsam vorwärts, dann wurde gewischt, anschliessend verteilten die Männer die Wichse gleichmässig und die Frauen machten sich wieder ans Werk, diesmal auf einem Lappen kniend. Beim Fischgratmuster musste man mit dem Lappen immer wieder die Richtung wechseln, entsprechend der Maserung des Holzes. Nachher wurde geblocht, alles ohne Strom. Das war viel Arbeit, aber es war lustig und eine schöne Gemeinschaftsarbeit.»
«Später hatten wir versiegeltes Parkett. Das war das Ende vom Blocher.»
«Das Aufkommen der Spannteppiche veränderte die Frühlingsputzete. Wichtig war jetzt gründliches Staubsaugen und Shampoonieren des Teppichs. Entweder von Hand mit Shampoo und Bürste oder mit einer in der Drogerie gemieteten Shampooniermaschine, die gleich auch die Nässe wieder aus dem Boden saugte.»
«Wenn meine Buben nach der Frühlingsputzete heimkamen, fragten sie jeweils ‘wo müesse mer jetz düreloufe?’ Sie wollten mir nicht neuen Dreck ins Haus bringen.»
«Eine Freude war das, eine so saubere, gut riechende Wohnung zu haben!»
«Wir waren stolz und zufrieden, ‘du hesches möge gschaffe’, sagten wir uns.»
DER WÄSCHESCHRANK
Der Wäscheschrank war der Stolz der Hausfrau. Er war gefüllt mit Oberleintüchern, Unterleintüchern, Duvetanzügen, Kissenanzügen, Frottierwäsche, Küchentüchern und Putztüchern. Jedes einzelne Stück exakt gebügelt, akkurat aufeinandergelegt, immer in der genau gleichen Falttechnik.
«Mein Wäscheschrank war eine Augenweide, den durfte ich zeigen!»
«Auf meinen Schrank war ich richtig stolz.»
«Dafür musste ich mich nicht schämen.»
«Auch mein Küchenschrank liess sich zeigen. Die Tassen alle gleich aufgestellt, alles schön ausgerichtet und sauber. Auch das Besteck kam nicht irgendwie in die Besteckfächer. Jedes Stück wurde richtig hineingelegt.»
«Man sagte ‘Ein jedes Ding an seinen Ort, erspart viel Müh und böse Wort’.»
BÜGELN
Gebügelt wurde die gesamte Wäsche. Dampfbügeleisen gab es nicht, dafür eine kleine Plastikflasche mit feinen Löchern auf dem Deckel. Damit liess sich die Wäsche befeuchten. Auch Wäschestärke wurde hie und da verwendet. Entweder drückte man die Teile in Wasser und Stärke ein und bügelte sie feucht oder man sprühte beim Bügeln etwas Stärke direkt auf das heikle Stück.
«Herrenhemden gaben viel Arbeit. Der Kragen, die Manschetten, alles musste ganz glatt sein. Früher gab es noch Hemden, die nur bis zur Hälfte geknöpft waren und im oberen Teil ein feines Tuch eingenäht hatten, damit die Brusthaare nicht durchschimmerten. Das war anspruchsvoll zum Bügeln.»
«Auch die Falte auf dem Rücken war heikel.»
«Die Hemden habe ich nie auf Bügel gehängt, sondern zusammengelegt. Immer 2 oder 3 Finger breit weg vom Kragen kam der Falt. Im Kleiderschrank lagen die Hemden schön eins auf dem andern, alle genau gleich gefaltet.»
«Männer trugen eigentlich immer Hemden, es gab Werktags- und Sonntagshemden. Alle kamen unters Bügeleisen.»
«Bei den Hosen musste man immer zuerst die Taschen herausziehen und bügeln, sonst sah es nicht schön aus.»
«Natürlich wurden auch Unterwäsche, Küchentücher, Taschentücher, Putzlumpen gebügelt.»
«Die Unterröcke, die man unter den weiten Jupes trug, bügelte ich mit Stärke, damit sie ein bisschen steifer waren.»
«Es gab die schönen Taschentücher für den Sonntag mit Blumen oder einer Häkelkante und diejenigen für den Werktag. Gebügelt habe ich alle.»
«Wenn ich mir vorstellte, dass mein Mann im Büro sein Taschentuch aus der Hose zog, war es mir wichtig, dass dieses perfekt gebügelt war.»
«Es war eine Freude, mit Besuch an einem Tisch mit einem makellos weissen Tischtuch und ebensolchen Servietten zu sitzen. Legte ich das Tuch auf den Tisch, hatte es Falten vom Liegen. Dann nahm ich das Bügeleisen und bügelte die Falten hinaus.»
«Ich hatte immer einen Korb voll zum Bügeln. Ich wollte, dass meine Wäsche fast perfekt aussieht, ganz perfekt gibt es ja nicht.»Ich habe Radio gehört zum Bügeln am Abend und machte es gern.»
EINKAUFEN
«Man kaufte grundsätzlich immer dort ein, wo man wohnte.»
«Und immer zu Fuss oder mal mit dem Velo.»
«Ich sehe mich noch mit einer Hand eine schwere Tasche tragen, mit der anderen Hand den Kinderwagen stossen, ein Kind, das mir dabei helfen will, aber mehr am Wagen zurückzieht als stösst. Einkaufen war anstrengend.»
«Ich kaufte immer mit einem Einkaufszettel ein.»
«Weil wir einen grossen Garten hatten, kauften wir nicht viel ein.»
«Hängte man eine schwere Tasche an den Haken des Kinderwagens, musste man aufpassen, dass der Wagen nicht nach hinten kippte.»
«Musste ich sehr viel und schwere Sachen kaufen, zum Beispiel eine Harasse mit Getränken, nahm ich den Leiterwagen mit.»
«Überall wurde man vom Personal bedient und stand wartend vor der Theke. Auch die Verkäuferinnen kannte man mit Namen, es waren immer die gleichen.»
«In den verschiedenen Geschäften wurde ich immer mit dem Namen angesprochen und ich kannte auch die meisten Kundinnen. Untereinander siezten wir uns in der Regel.»
«Es hiess: guten Tag Frau Doktor, guten Tag Frau Pfarrer.»
«Das Einkaufen war mit Dorfklatsch verbunden. Man erfuhr alles in den Geschäften.»
IN DER MOLKEREI
«In der Molkerei gab es vor allem Milch, Rahm, Butter, Käse und Joghurt im Glas in den Sorten Vanille, Himbeer, Mocca und Nature. Das Joghurt machten sie selber. Die Gläser brachte man sauber zurück.»
«Die Milch wurde ins mitgebrachte Milchkesseli abgefüllt.»
«Später gab es Milch in Literflaschen.»
«Als Schüler kauften wir selten einmal eine Glace an einem Holzstängel in der Molkerei. Es gab Vanille-, Schokolade- und Himbeergeschmack. Es kam vor, dass ein Kind eine kaufte, eine Weile davon schleckte und sie dann weiter verschenkte.»
«Bei uns brachte der Milchmann Milchprodukte. Wir stellten das Milchkesseli mit dem Milchbüechli und einem Zettel mit unseren Wünschen vor die Türe, er legte das Gewünschte hin und schrieb den Betrag ins Büechli. Einmal in der Woche bezahlten wir im Laden.»
«Der Milchmann brachte manchmal ein Stück Ziger. Davon assen wir zum Znacht, übergossen mit Himbeersirup.»
«Den anderen Ziger brachte das Schabzigermannli. Er kam aus dem Glarnerland und verkaufte aus seiner geflochtenen Hutte die bekannten Schabzigerstöckli.»
BEIM BÄCKER
«Es gab helles und dunkles Brot und am Samstag Zopf. Den machte ich aber lieber selber.»
«Grahambrot konnte man bestellen.»
«Weggli kosteten 15 Rappen.»
«Wir kauften Guetzlibruch. Ein Papiersack gefüllt mit zerbrochenen Guetzli, genau so fein wie die ganzen, aber billig. Er kostete etwa 50 Rappen.»
«Es gab 10er Stückli, die trockenen Guetzli und solche für 20 Rappen, das waren die aufwändigeren mit Crème oder Schoggi.»
«Es gab noch keine Sandwiches zu kaufen.»
«Manchmal schenkte die Verkäuferin dem Kind ein Bonbon, ein Däfeli, ein süsses Himbeeri oder einen zuckrigen Orangenschnitz. Die waren in einem grossen Glas versorgt. Mit einem kleinen Schäufelchen nahm sie die Köstlichkeit heraus.»
«Es gab wenig Süsses damals. Bonbons waren begehrt, es gab nicht so viele Sorten, aber alle kannten sie. Die Himbeeren oder die schwarzen Briketts, den echten Briketts genau nachgeahmt. Oder grosse runde mit Schoggifüllung oder ‘Sidedäfeli’, den Messmocken ähnlich, geformt wie kleine Kissen mit Schokolade im Innern.»
«Auch die Gaba kannten alle. Die kleinen trapezförmigen in der blauen Blechdose.»
«Ich schickte die Kinder in die Bäckerei, als sie etwas grösser waren, um ein ‘Pfünderli Ruches’ zu kaufen. Das Geld legte ich ins Portemonnaie und die Verkäuferin nahm es und steckte das Rückgeld hinein. Das war üblich. Die Kinder waren in allen Läden mit Namen bekannt.»
BEIM METZGER
«An der Wand hingen die Cervelats in einer Kette und andere Würste. Abgepacktes gab es nicht. Auch keine vorgefertigten Mahlzeiten oder Snacks.»
«Aber das Redli Wurst für die Kinder gehörte dazu. Sagte das Kind nicht sofort danke, so mahnte man es: wie seit me?»
IM LÄDELI
«Im Lädeli gab es alles, von Unterhosen bis zu Petrol und Nähnadeln und natürlich haltbare Lebensmittel.»
«Fast alles wurde offen verkauft. Ich brachte gebrauchte Papiersäcke mit und liess sie mit Mehl, Reis oder Haferflöckli füllen. Die Säcke bewahrte ich immer schön glatt gestrichen in einer Schublade auf und brauchte sie, bis es nicht mehr ging.»
«Auch das Seidenpapier vom Brot glättete ich und legte es in die Schublade. Es war praktisch, um eine Pfanne auszuputzen oder um etwas zu verpacken.»
«Auch Öl und Essig kaufte ich offen in mitgebrachten Flaschen.»
«Es gab schon einige Konserven. Zum Beispiel Hero Ravioli und Erbsli und Rüebli. Aber auch Sardinen und Thon. Fisch ass man sonst kaum Es gab ihn auch selten zu kaufen.»
«Mehl kauften wir in 10kg Säcken direkt in der Mühle und brachten es mit dem Velo nach Hause. Dieses Mehl siebte ich immer vor dem Backen, es war manchmal lebendig.»